"Er war ein echter Vorzeige-Cop"

42jähriger Hauptkommissar erliegt im Krankenhaus seiner Schussverletzung - Berlin trauert um tapferen Beamten

Von Michael Behrendt

Das bange Warten hat ein trauriges Ende gefunden. Uwe Lieschied ist seiner schweren Schussverletzung erlegen. Eine Stadt trauert um einen Beamten, dessen größtes Interesse es stets war, die Straßen Berlins ein wenig sicherer zu machen.

Alle hatten damit gerechnet, doch die Nachricht traf Freunde, Verwandte und Kollegen dennoch wie ein schwerer Schlag: Uwe Lieschied hat den Kampf gegen den Tod schließlich verloren. Der 42jährige Hauptkommissar war nach einer Schussverletzung am vergangenen Freitag auf der Intensivstation behandelt worden, doch alle Bemühungen der Ärzte waren am Ende vergebens. Um 14.45 Uhr wurde der Familienvater am gestrigen Nachmittag für tot erklärt.

Uwe Lieschied wollte immer Polizist werden, das war sein Traum. Deshalb hatte er seine hessische Heimatstadt Dillenburg verlassen. Die ersten Dienstjahre verbrachte er zunächst in der 53. Einsatzbereitschaft und verfolgte weiter seine Karriere. Im September des vergangenen Jahres wurde er schließlich zum Hauptkommissar ernannt.

Uwe Lieschied war Mitglied des Streifendienstes VB (Verbrechensbekämpfung) des Abschnitts 55. "Er hat seinen Beruf wirklich als echte Berufung verstanden, nicht nur einfach als Job, mit dem man sein Geld verdient", berichtet ein ihm nahestehender Beamter. Er gab sich nicht mit beruflichen Niederlagen ab, steckte auch dann nicht den Kopf in den Sand, wenn ein festgenommener Dealer wegen zu geringer bei ihm gefundener Drogenmengen auf freien Fuß gesetzt werden konnte - und die Polizisten am nächsten Tag verächtlich angrinste und sich über sie lustig machte. "Dann hat er die Kollegen mitgerissen", erzählt ein Freund. "Wenn die Justiz die Kerle laufen lässt", so sagte der 42jährige immer wieder, "dann fangen wir sie eben öfter." So oft, bis die Justiz etwas unternehmen müsse. "Das Größte war für ihn, rauszufahren und Straftäter zu stellen", berichtet ein Kollege leise.

Die Hasenheide und ihre Umgebung kannte Uwe Lieschied wie seine Westentasche. Besonders wütend war er im Frühjahr 2005, als die Dealer eiskalt damit begannen, vor einem Kindergarten mit Drogen zu handeln. Für Uwe Lieschied stand fest: Gerade dort muss es hundertprozentig dealerfrei sein. Er ordnete in der Folge Zusatzschichten mit damit verbundenen Überstunden an - und war selbst bei jedem Einsatz dabei. "So war er eben, ein echter Vorzeige-Cop. Er wird uns einfach fehlen", trauert ein Beamter. Der Hauptkommissar hatte den Ruf, diese Szene wie kein zweiter zu kennen. Sein Chef hatte ihn gegenüber dieser Zeitung einst als einen seiner besten Männer bezeichnet. Uwe Lieschied war das sichtlich unangenehm. Ihn drängte es damals mehr in den Einsatz. Dabei bewies er zurückhaltend und bescheiden, dass sein Vorgesetzter Recht hatte. Lieschied und seine Kollegen waren gefürchtet bei den Dealern, sie kannten ihre Tricks und Drogenverstecke. Und trotzdem wussten sie alle, dass der Kampf täglich aufs Neue geführt werden muss. Und sie taten und tun es, jeden Tag. Nun fehlt einer. Die anderen werden weitermachen, als wäre Uwe Lieschied noch unter ihnen. Und in Gedanken wird er es immer sein.

Uwe Lieschied war auch Privatmann. Der Vater zweier jugendlicher Söhne war seit Jahren glücklich verheiratet und bewohnte ein schönes Haus im Grünen. Er liebte seinen Garten, verbrachte darin viele Stunden. Er organisierte jedes Jahr das Sommerfest seines Laubenpiepervereins und war durch seine freundliche Art mehr als beliebt. Er vergötterte seinen Hund "Sammy".

Sein zweites großes Hobby war sein geliebter Fußball-Sport. In seinem Verein "Stern Windmühle" war er sowohl als Trainer als auch als Spieler tätig. "Er hätte sicher ungeheuer gern die Fußball-WM verfolgt, das hätte ihm Freude bereitet", weiß ein Polizist.

Aus der Berliner Morgenpost vom 22. März 2006

 

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