Bericht über den Ablauf der Bluttat in Heubach am 24.8.1968

An die

Landespolizeidirektion Nordwürttemberg

Stuttgart

 

Betr.:   Bericht über den Ablauf der Bluttat am 24.8.1968 in Heubach, bei der Polizeiwachtmeister Franz Elbert den Tod fand.

Bezug: Auftrag der LPD - PolDir. Bormann - vom 2.9.1968

 

Dem Bezirksdienst Heubach gehören drei Beamte an und zwar:

 

PHM Süßmuth      56 Jahre alt,

POM Pöhler          52 Jahre alt und

POM Wirsching    55 Jahre alt.

 

Seit dem 2.4.1968 war der von der Bereitschaftspolizei übergetretene PW Franz Elbert dem Bezirksdienst Heubach zur Einarbeitung zugeteilt. Um die Tatzeit waren alle vier Beamten in Heubach anwesend.

 

In der Nacht von 23.8.1968 auf 24.8.1968 führten PHM Süßmuth und PW Elbert in der Zeit von 22.30 Uhr bis 00.30 Uhr eine gemeinsame Nachtstreife durch. Beim Streifenende trennten sich die beiden Beamten und traten zu Fuß den Heimweg an.

 

Zwischen 00.15 Uhr und 00.30 Uhr wurde POM Pöhler in seiner Wohnung von einem Einwohner aus Heubach namens Dobsch davon verständigt, daß soeben im Kaumaus Boger in der Hauptstraße eingebrochen werde. POM Pöhler, der zu dieser Zeit im Bett lag - er hatte tags zuvor dienstfrei - bekleidete sich mit Trainingshose und Sommerhemd, steckte seine Dienstpistole ein, die er noch in der Wohnung durchlud, und rannte zusammen mit dem Zeugen Dobsch zum Kaufhaus Boger, das sich etwa 100 m von der Wohnung Pöhler entfernt befindet. Vorher hatte Pöhler seiner Ehefrau aufgetragen, PHM Süßmuth und POM Wirsching fernmündlich zu verständigen.

 

POM Wirsching wurde um 00.30 Uhr durch Frau Pöhler von dem Einbruch verständigt. Er kleidete sich an und fuhr mit dem Pkw seiner Tochter zum Tatort. Unterwegs traf er am Postplatz den auf dem Heimweg befindlichen PW Elbert. Wirsching ließ Elbert zusteigen und informierte ihn auf dem Weg zum Kaumaus Boger über das Vorgefallene. Als POM Wirsching beim Kaufhaus Boger ankam, sah er POM Pöhler zwischen dem Gasthaus zum "Ochsen" und dem Kaufhaus Boger mit der Pistole in der Hand stehen. POM Wirsching bog in den Platz nach dem Kaufhaus Boger ein, hielt an, ließ PW Elbert aussteigen und gab ihm den Auftrag, sich dort zu postieren. Anschließend fuhr POM Wirsching den Pkw auf den kleinen Parkplatz hinter dem Gasthaus zum "Ochsen". Als Wirsching ausstieg, hörte er POM Pöhler rufen: "Stehen bleiben!" Als er sich umdrehte, sah er, daß Elbert den "Hundsgraben" hochsprang, gefolgt in einen Abstand von etwa 2 - 3 m von Pöhler. Wen die beiden verfolgten, sah Wirsching nicht. Wirsching setzte sich sofort wieder in sein Fahrzeug und fuhr den beiden Polizeibeamten nach. Als er fast an der Einmündung der Schloßstraße war, sah er in einer Entfernung von etwa 20 m Elbert fallen. Pöhler und der Zeuge Dobsch gaben POM Wirsching ein Zeichen in Richtung Rathaus und riefen: "Dort ist er!" Wirsching fuhr mit Volllicht in die angegebene Richtung, konnte den Täter aber nicht mehr sehen.

 

Als POM Pöhler von seiner Wohnung aus zusammen mit dem Zeugen Dobsch zum Kaufhaus Boger gelaufen war, forderte er Dobsch auf, den hinteren Eingang des Gebäudes zu be- obachten. Er selbst begab sich auf die Vorderseite des Gebäudes. Dort sah er, daß die Scheibe der linken Auslage innerhalb der Nische, die zum Ladeneingang führt, eingeschlagen war. Pöhler, der keine Geräusche wahrnehmen konnte, stellte sich vom Ladeneingang aus gesehen an der rechten Hausecke auf. Nach etwa 5 Minuten sah Pöhler den Wirsching und Elbert ankommen. Unmittelbar darauf beobachtete er auch, wie der Täter aus der Nische auf die Straße heraus- sprang. Pöhler entsicherte angeblich seine Pistole und rief: "Halt, Polizei!" Der Täter drehte sich blitzschnell um und flüchtete in Richtung Torstraße. Pöhler rannte hinter ihm her und sah, daß der Täter am Eingang zur Torstraße stutzte, weil er dort vermutlich den Polizeibeamten Wirsching und den Zeugen Dobsch gesehen hatte. Der Täter machte kehrt und rannte rasch in Richtung "Hundsgraben", der in die Schloßstraße einmündet. Pöhler verfolgte ihn und rief mehrmals: "Halt, oder ich schieße!" Die durchgeladene und angeblich entsicherte Pistole hielt er in der rech- ten Hand. Elbert beteiligte sich sofort an der Verfolgung. Elbert, ein guter Läufer, überholte Pöhler. Pöhler konnte somit vorerst keinen Gebrauch von der Schußwaffe machen. Er rief Elbert zu: "Elbert, schieß doch!"

 

Ohne auf die Anrufe zu achten, rannte der Täter weiter und bog nach links in die Schloßstraße ein. Zu dieser Zeit war Elbert dicht hinter ihm. Plötzlich machte der Täter kehrt und rannte auf Pöhler zu. Elbert war zu dieser Zeit nicht mehr hinter dem Flüchtenden; vermutlich deshalb, da er bereits gestochen worden war. Pöhler hatte den Tathergang, das Stechen, nicht gesehen, weil der Flüchtende vermutlich bei der Kehrtwendung auf Elbert eingestochen hatte und es an dieser Stelle ziemlich dunkel war. Der Flüchtende hatte vermutlich deshalb kehrtgemacht, weil die Ehefrau des Pöhler vom Fenster ihrer Wohnung aus dem Täter "Halt, Halt" zugerufen hatte, als sie sah, daß dieser auf ihr Haus zusprang. Frau Pöhler sah auch, daß der Täter auf seine Verfolger zusprang, konnte jedoch weiter nichts erkennen, weil sich alle Beteiligten in einem Winkel befanden, den sie vom Fenster aus nicht einsehen konnte. Der Täter muß also zuerst Elbert niedergestochen haben, bevor er auf Pöhler zurannte. Pöhler hatte seine Pistole noch in Anschlag gebracht und drückte ab. Dabei rief. er laut: "Halt, ich schieße!" Es löste sich jedoch kein Schuß, obwohl Pöhler mehrmals den Abzug zurückzog. Pöhler versuchte nun, den Täter mit gestrecktem Arm aufzuhalten. Es kam zu einem kurzen Zusammenprall, bei dem Pöhler etwas aufblitzen sah. Den Gegenstand, konnte er jedoch nicht als Messer erkennen. Bei diesem kurzen Zusammenprall wurde Pöhler in den linken Unterarm und ins Gesicht gestochen. Der Täter lief nun die Schloßstraße in Richtung Rathaus zurück. Fast gleichzeitig kam Elbert auf Pöhler zugelaufen.

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Pöhler rief ihm zu: "Komm, Elbert, den kaufen wir uns!" Elbert lief auch noch zusammen mit POM Pöhler etwa 10m dem Flüchtenden nach, fast bis zur Kurve, Elbert drehte sich dann plötzlich nach links, brach zusammen und kam auf den Bauch zu liegen. Auf den Ruf von Pöhler: "Elbert, was ist los?", antwortete Elbert nicht mehr. Die Pistole des Elbert befand sich in der etwas nach vorne geschobenen, geöffneten Pistolentasche.

 

Pöhler stellte zu diesem Zeitpunkt fest, daß sich in seiner Pistole eine Patrone verklemmt hatte. Er versuchte, durch erneutes Durchladen die Patrone zu entfernen, was ihm aber nicht gelang. Pöhler merkte nun aber auch, daß er am Arm und im Gesicht verletzt worden war. Er blutete aus mehreren Wunden. Schließlich wurde es ihm schwarz vor den Augen. Seiner Frau, die den Vorfall von ihrer Wohnung aus - Entfernung etwa 20 m - beobachtet hatte, konnte er noch zurufen: "Schnell, einen Krankenwagen und einen Arzt!" Pöhler wurde anschließend in seine Wohnung gebracht, dort ärztlich versorgt und anschließend mit dem Krankenwagen ins Stadt. Krankenhaus Schwäb. Gmünd eingeliefert.

 

PHM Süßmuth war nach dem Ende der Nachtstreife gegen 00.45 Uhr in seiner Wohnung angekommen. Dort teilte ihm seine Frau mit, soeben habe Frau Pöhler angerufen und mitgeteilt, daß ihr Mann und PW Elbert gestochen worden seien; er solle sofort kommen. Süßmuth rief sofort Frau Pöhler an und fragte, was passiert sei. Frau Pöhler sagte, beide seien gestochen worden, ihr Mann sei im Haus und PW Elbert liege auf der Straße. Süßmuth fährt sofort mit dem Streifenwagen zur Wohnung Pöhler. Als er dort eintraf, informierte er sich und meldete den Vorfall seinem Kommissariatsleiter, PHK Huber.

 

PHK Huber begab sich unverzüglich zum Tatort, nachdem er von der Wohnung aus bei Dora die Alarmierung der 4. LP-Bereitschaft und die Entsendung aller verfügbaren, im Dienst befindlicher Kräfte der Nachbar-Kommissariate nach Heubach beantragt hatte.

 

Ergänzend wird berichtet, daß die Pistole des POM Pöhler kurz nach dem Vorfall durch PHK Huber und PHM Süßmuth überprüft wurde« Es konnte kein Mangel festgestellt werden. Die Pistole ließ sich einwandfrei laden. Eine Schußabgabe wurde nicht versucht.

 

             

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